Wer ist die Schönste im ganzen Land?

Wie Uta von Naumburg aus der UNESCO-Weltkulturerbestätte Naumburger Dom das Vorbild für die böse Stiefmutter in Walt Disneys Film Schneewittchen wurde.

Dass Umberto Eco mit der schönsten Frau des Mittelalters – in seinen Augen, Uta von Naumburg – gerne einen Abend verbracht hätte, betonte er vor Jahren in einem Interview. Stolz und geheimnisvoll blickt Uta von Naumburg durch den Westchor des Naumburger Doms. Seit Jahrhunderten begeistert sie so die Besucher des Doms und zieht sie in ihren Bann. So auch Walter Hege, der sie in den 1920er Jahren wie UFA-Stars in Szene setzte und fotografierte. Eines dieser Fotos fiel 1935 Walt Disney in die Hände, der daraufhin Uta als Vorbild für die böse Stiefmutter in seinem Film Schneewittchen nahm. Auch diese Figur wirkt schön, eitel aber auch hinterhältig und gemein und sie fasziniert noch heute – wie Uta – die Menschen und spielt auch in der Neuverfilmung von Schneewittchen eine Hauptrolle. Der Film kommt am 20. März 2025 in die deutschen Kinos. Die Frage, wer die Schönste im ganzen Land sei, muss sich Uta von Naumburg aber nicht stellen.

Die Verbindung zwischen Uta und Walt Disney ist oft vielen Besuchern des Doms unbekannt, in der Sonderführung „Uta trifft den Naumburger Meister“ am 2. Mai 2025 um 18 Uhr können die Gäste dann mehr über Uta erfahren, über ihr Leben als Markgräfin an der Seite ihres Mannes Ekkehard, vom Bau des Naumburger Doms und natürlich auch vom Naumburger Meister, der sie 200 Jahre nach ihrem Tod mit der Stifterfigur unsterblich werden ließ.

HINTERGRUND

Als eine von 12 Naumburger Stifterfiguren ist Uta von Ballenstedt dank ihrer außergewöhnlichen Ausstrahlung und ihrer steten medialen Präsenz seit den 1920er Jahren tief im deutschen und europäischen Bildgedächtnis verhaftet und genießt bis heute ununterbrochene Popularität. Historisch ist nicht viel von ihr bekannt. Sie ist in Ballenstedt, in der Nähe zu Quedlinburg am Harz, geboren. Ihre Ehe mit Markgraf Ekkehard II. blieb erbenlos. Alles andere verliert sich im Dunkel der Geschichte.

Ihr namenloser Schöpfer hat nach seinem erhaltenen Hauptwerk, dem Naumburger Westchor, von der kunsthistorischen Forschung den Namen „Naumburger Meister“ verliehen bekommen. Sein Wirken lässt sich anhand der erhaltenen Werke von Nordfrankreich über Mainz nach Naumburg und Meißen quer durch Europa nachvollziehen.

Architektur, Skulptur, Glas- und Wandmalerei des um 1250 vollendeten Naumburger Westchores bestechen durch ihre herausragende künstlerische Qualität und sind in ikonographischer und bautechnischer Hinsicht derart aufeinander bezogen, dass dies nur durch die Gesamtleitung eines verantwortlichen Bildhauerarchitekten, eben des aus Mainz gekommenen „Naumburger“ Meisters, erklärt werden kann. Sowohl die Gestaltung der Kreuzigungsgruppe und der Passionsreliefs am Westlettner wie der Stifterfiguren im Westchor oder des Diakons und der Bischofsgrabplatte im Ostchor sind von unübertroffener Meisterschaft.

Ungemein lebendig, realitätsnah und ausdrucksstark sind Gesichter, Gesten und Bewegungen wiedergegeben. Die Figuren wirken wie beseelt. Fest verankert im architektonischen Rahmen verweisen Stifterfiguren, Kreuzigungsgruppe und Passionsreliefs im Zusammenspiel mit dem im Vierpass dargestellten Weltenrichter und den Abbildungen der Naumburger Bischöfe, der über die Laster triumphierenden Tugenden und den Heiligen in den Glasfenstern auf die zentralen Glaubensbotschaften hochmittelalterlicher Theologie.

Der Naumburger Dom St. Peter und Paul zählt nicht nur wegen seines Westchores zu den bedeutendsten sakralen Kulturdenkmälern aus der Zeit des europäischen Hochmittelalters. Zusammen mit dem Kreuzgang, der Dreikönigskapelle, der Marienkirche, den umliegenden Kuriengebäuden und dem Domgarten bildet er ein herausragendes Architekturensemble. Die beiden Chöre mitsamt den Lettnern aus dem 13. Jahrhundert, das erhaltene Chorgestühl, die Glasmalereien und die im Domschatzgewölbe versammelten Kunstwerke vermitteln dem Besucher eine ansonsten kaum nachzuempfindende Erlebbarkeit mittelalterlicher Liturgie. Seit 2018 ist der Naumburger Dom UNESCO-Weltkulturerbe.

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